Ex-US-General Ben Hodges in der Hochschule in Kempten

Kempten (Allgäu) | 11. November 2022
Auf Einladung des Lions Club Kempten (Allgäu) sprach Generalleutnant Frederick Benjamin "Ben" Hodges am Freitagabend in der Hochschule Kempten über Russland, den Ukraine-Krieg und Donald Trump.
| Foto: Ralf Lienert
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Mit seinen Vorhersagen zum Ukraine-Krieg lag Frederick Ben Hodges (64) meistens richtig. Schließlich ist der ehemalige Oberbefehlshaber der US-Army in Europa bestens mit der russischen Armee vertraut. Seine neuen Prognosen stellte der pensionierte US-General seinen etwa 150 Zuhörern in der Kemptener Hochschule vor.

Warum sollte Russland den Krieg in der Ukraine verlieren?

"Die Geschichte hat uns gelehrt, dass Krieg eine Frage des Willens und der Logistik ist", sagt Hodges. In beiden Punkten seien die Soldaten der Ukraine mit 700.000 Kräften ihrem Gegner überlegen. Die russischen Soldaten hingegen zeigten nicht den Willen, gegen die Ukraine zu kämpfen.

Stattdessen flüchteten Hunderttausende Männer im wehrfähigen Alter, um nicht in den Krieg geschickt zu werden. Die Ukraine werde durch Waffenlieferungen des Westens von Woche zu Woche immer stärker. Russland werde lediglich von Nordkorea, Venezuela und dem Iran unterstützt.

Was hat Russlands Präsident Putin falsch gemacht?

Russland dachte, so Hodges, dass es die Ukraine schnell einnehmen und vom Westen isolieren würde. Dadurch glaubten die Russen, die NATO zu brechen. "Und sie waren sich sicher, dass wir nicht reagieren." Doch sie lagen falsch.

Wie geht der Krieg in der Ukraine weiter?

Nach der Rückeroberung von Cherson werde die Offensive im Osten und in Richtung Krim weitergehen, sagt Hodges. Je näher die ukrainische Armee der von Russland 2014 annektierten Krim kommt, desto häufiger könne sie Stellungen mit Präzisionswaffen unter Beschuss nehmen. Im Frühjahr konnten sie russische Luftwaffenstützpunkte und den Hafen von Sewastopol angreifen. Dadurch werde es für Russland immer schwerer, die Krim zu halten.

Sobald die Ukrainer den Dnjepr überschreiten, könnten sie zudem die Wasserversorgung der Russen unterbrechen. Eine Befreiung der Krim sei bis zum Sommer möglich - sofern der Westen zusammenhalte und die Ukraine weiter unterstütze.

Aber wird Russland wirklich aufgeben? Das kann sich doch kaum jemand vorstellen ...

"Es mag für Präsident Wladimir Putin schlimm sein, in der Ukraine zu verlieren. Es wäre aber noch schlimmer, in Russland zu verlieren." Hodges geht davon aus: Der Zeitpunkt werde kommen, an dem einflussreiche Menschen in Russland erkennen, dass sich das Kriegsgeschehen nicht mehr zugunsten des Kremls wenden lässt. Nichts, was Russland tut, verbessere die Position des Landes in der Welt. Kaum eine anderes Land wolle den Kreml unterstützen. Das erhöhe den Druck auf den Kreis um Putin. Er hofft, dass die russische Elite zur Einsicht kommen werde, sich selbst schützen zu müssen.

Den Einsatz von Atomwaffen hält Hodges für unwahrscheinlich, da Putin und seine engsten Berater "keine Selbstmörder" seien.